Schaubude will never dead [Cappui]
Wer aus Kiel kommt und einen Facebook- und/oder Twitter-Account sein Eigen nennt, der weiß seit spätestens diesen Montag, was man eh schon längst wissen sollte, wenn man mit einigermaßen offenen Augen durch die Stadt wandelt: Das Gebäude in der Legienstraße 40, in dem sich das L'étage, das Tamen-T und – an dieser Stelle wird es erst so richtig interessant – die Schaubude befinden, soll demnächst plattgemacht werden und einem unglaublich hässlichen Gebäudekomplex weichen. Alle Infos dazu gibt’s auf dieser Internet-Seite, das muss ich nicht alles hier runterschreiben. Ebenfalls dort kann und sollte man sich auch an einer Online-Petition beteiligen, auch wenn der Erfolg davon mehr als fraglich erscheint. Aber es schadet ja nicht, dort die drei Felder auszufüllen – dafür muss man diese drei Clubs gar nicht mal mögen. Ich würde sogar ähnliche Petitionen für schreckliche Großraum-Diskotheken wie beispielsweise das Atrium unterstützen, denn die Streichung einer Abendalternative wirkt sich auch auf alle anderen Etablissements der Stadt aus. Man möge nur mal an die vorübergehende Schließung des Bergstraßen-Komplexes um das Tucholsky, das Böll und Konsorten zurückdenken – das war kein schöner Anblick im weltruf oder im Luna zu dieser Zeit.Der geplante Abriss der Schaubude trifft mich allerdings besonders. Zugegeben: Ich bin alles andere als ein Stammgast dort, mein letzter Besuch in der Legienstraße 40 muss irgendwann Anfang 2009 gewesen sein – auf jeden Fall hatte zu der Zeit Hatto noch das Sagen. Doch ich verbinde viele schöne Konzertmomente mit diesem kleinen, feinen Club, der allein schon den unschlagbaren Vorteil genießt, dass er von meiner Wohnung nur einen Katzensprung entfernt ist und ich daher trotz Wind und Wetter stets spontan und ohne Jacke vorbeischauen kann. Ich erinnere mich auch noch an meinen ersten Besuch in dem Laden, damals zum Beginn meines Studiums, als die Schaubude noch „Tanzdiele“ hieß und Nachtcafé-Lutz noch der Chef war. Nach einer Party bei einem Kommilitonen zogen wir noch auf einen kurzen „Absacker“ dort vorbei, wie erwähnt bedeutete dies besonders für mich eh keinen großen Umweg. Ehrlich gesagt gefiel mir der Schuppen aber so überhaupt nicht, denn er war völlig überfüllt an dem Abend und es stank bestialisch nach Dope. Ich schwor mir, die Tanzdiele nie wieder betreten zu wollen. Ich habe ja nichts gegen Kiffer, aber ich kann den Geruch absolut nicht ausstehen. Ein Jahr später war ich dann doch noch einmal drin, weil ein Berliner Freund eines Freundes von mir zum „Poetry Slam“ geladen war. Dieser Abend gefiel mir dann auch deutlich besser. Dennoch war ich nicht wirklich geschockt, als die Tanzdiele nur wenige Tage später aufgrund der bekannten Drogenprobleme dichtmachen musste – und die Wiedereröffnung unter neuer Führung und dem neuen Namen „Schaubude“ ging mir so ziemlich am Arsch vorbei.
Doch in den folgenden Jahren erlebte ich in eben dieser Schaubude wirklich tolle Abende. Sei es das Konzert der kurzlebigen Hamburger Band darlo, die vor leider nur zwölf Zuschauern spielte und sich trotzdem die gute Laune nicht verderben ließ. Oder aber der Auftritt der Elektropluckerer von Me Succeeds. Ich weiß, mit diesem Ausdruck muss man vorsichtig sein, aber die Konzerte – oder besser gesagt Predigten – von Reverend Vince Anderson werden auf ewig unvergessen bleiben für mich. Wie sich beim „Dancing Queen“-Cover und besonders bei „Bon Voyage“ wildfremde Menschen in den Armen lagen, war schon großes Kino, auch wenn es mehr als pathetisch rüberkommt. Und dann war da natürlich noch mein etwa 15-sekündiges Kazoosolo beim Abschiedskonzert der Kieler Punkrock-Legende Beischlaftuch. „Sascha, das war wirklich super, was du da gemacht hast, aber ich habe leider keine Ahnung, was du gemacht hast. Dein Instrument war nicht zu hören.“ So ist halt Rock'n'Roll. Egal, es waren meine 15 Sekunden des Ruhms – oder vielleicht auch nur zwölf, denn live spielten Beischlaftuch immer einen Tick schneller als im Proberaum.
Daher hoffe ich: Schaubude will never dead.
Cappui - 29. Nov, 22:09

Kurz darauf beschließen Offi und ich, dann doch zum Fußballturnier zu gurken. Weil sich die Hooligans von Dynamo Berlin sowie deren Fans für die Fips-Asmussen-Kampfbahn in Neustrelitz angekündigt haben, findet das Immergutzocken in diesem Jahr in der Fips-Asmussen-Kampfbahn in Alt-Strelitz statt. Cleverer Schachzug. Der Busfahrer des Shuttlebusses wird bereits nach wenigen Sekunden zum Kult erklärt. „Genau so stellt man sich einen ostdeutschen Busfahrer vor“, meint Offi, und ergänzt dann: „Naja, einen westdeutschen auch.“ Es hat schon ein wenig Mannschaftsbus-Atmosphäre, wie wir dort in zweiter Reihe sitzend, mit Streuselschnecken und Bier im Rucksack auf weitere Mitfahrer warten.
Auf dem Festivalgelände dann erst einmal das obligatorische Torwandschießen. Nie zuvor hatte es für mich gereicht, mich direkt für das samstägliche Fußballturnier zu qualifizieren. Und diesmal: Ein Schuss, ein Treffer. Leider geht es so nicht weiter, so dass es bei diesem einen Tor bleibt und ich letztlich kein Losglück habe. Ein zweiter Treffer hätte definitiv gereicht, denn dieser St.Pauli-Mokel, der vor mir dran war, traf auch nur einmal und stand am nächsten Tag in der Fanmannschaft. Aber dazu kommen wir später.
Weiter mit der Musik: Vierkanttretlager im Zelt gefallen mir ganz gut, als Schleswig-Holsteiner muss man ja auch zusammenhalten. Als Official Secret Act auf der Waldbühne entpuppt sich die Band Official Secrets Act. Verrückte Welt! Offi wartet die ganze Zeit auf deren großen Hit und der kommt natürlich irgendwann ganz zum Schluss. Schlecht ist die Musik zwar nicht, aber schon irgendwie eintönig auf Dauer. Dann geht’s wieder zurück ins Zelt, wo We Were Promised Jetpacks schnell klarstellen, dass es ein Fehler war, sie nicht auf die große Bühne zu stellen. Das Zelt ist sehr gut gefüllt und besonders zu „Quiet Little Voices“ wird auch gut mitgesungen und -gefeiert. Dann aber ist es endlich Zeit für das unumstrittene Highlight des Immergut, auch wenn Offi da anderer Meinung ist. Soviel zum Thema unumstritten. The Go! Team machen mächtig Radau auf der Waldbühne, spielen alle Hits und einige neue Stücke. Tims Ankündigung im Vorfeld, die Band sei live sehr krachig, kann ich auf jeden Fall nicht unterschreiben. Sicherlich stehen die Gitarren mehr im Vordergrund als auf Platte, aber das hat schon noch alles Hand und Fuß. Ein sehr toller Auftritt, die Band kann man sich gerne noch einmal anschauen.
Dass im Jahre 2010 schon im Vorfeld alles anders ist, wirkt zunächst befremdlich: Drei Bühnen statt zwei, unbekannte Bands statt guter, Fußballturnier in Alt- statt Neustrelitz – nur drei von vielen Neuerungen, die nach dem Jubiläumsfestival des Vorjahres (größtenteils) bedingt durch eine neue Veranstaltercrew anfallen. Immerhin bleibt entgegen anders lautender Gerüchte das Festivalgelände das gleiche, und auch die Anzahl der Ticketverkäufe wird nicht angehoben. Wobei man bei letzterem gar nicht sicher sein kann, denn das Immergut ist 2010 tatsächlich erstmals seit vielen vielen Jahren – ich selbst hatte dies noch nie erlebt – nicht ausverkauft.





